Es geht um mehr als Mode: Innovationen aus der Textilindustrie sind für zahlreiche Branchen interessant. Textiles Bauen, medizinische Textilien oder technische Textilien für klimaschonende Mobilität sind nur einige Beispiele für den Beitrag, den Textilfabrikanten branchenübergreifend leisten. Technologischer Fortschritt und immer höhere Anforderungen an Verarbeitung und Recycelbarkeit sind weitere Innovationstreiber für High-Tech-Fasern.
Inhaltsverzeichnis
Textilien können mehr als Mode
Die Textilindustrie bringt weltweit eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte auf den Markt, die sich grundsätzlich in drei Gruppen unterscheiden lassen: Bekleidung und Mode, Heimtextilien sowie technische Textilien. In allen diesen Bereichen wird Forschung betrieben, um verfügbare Fasern zu verbessern oder mit neuartigen Stoffen zu ersetzen.
Technische Textilien als Wachstumstreiber für die Textilindustrie
Von besonderer Bedeutung sind dabei technische Textilien, die in vielen Wirtschafts- und Industriezweigen verwendet werden. Hochinnovative Fasern verändern beispielsweise den Leichtbau, wo sie Dämmungen, Dachkonstruktionen oder im Brückenbau zum Einsatz kommen. Im Gesundheitsbereich verbessern technische Fasern die Wirkweise von Wundverbänden oder von persönlicher Schutzausrüstung.
Die Automobilindustrie verwendet technische Textilien in Airbags, Sitzheizungen oder als Schutzschicht für den Motor von Elektrofahrzeugen. Durch ihre neuartigen Zusammensetzungen erhalten die Fasern besondere Eigenschaften, die sie zu echten Spezialprodukten machen. Von biologisch abbaubaren Naturfasern bis hin zu textilen Faser-Preforms mit einer Faserverlegung für gezielte strukturelle Verstärkungen von Produkten für Luftfahrt, Medizin, Automotive oder Sport werden Textilien immer vielseitiger und leistungsfähiger.
Textilindustrie unter Innovationsdruck
Es sind jedoch nicht nur technologische Neuerungen, die die Innovationen in der Textilindustrie vorantreiben. Der Innovationsdruck entsteht nicht zuletzt aufgrund von Trends und Themen, die in vielen Branchen für Umbrüche sorgen. Das gilt insbesondere für Nachhaltigkeit. Als weltweit wichtiger Wirtschaftsfaktor steht die Branche auch in Sachen Umwelt- und Klimaschutz in der Verantwortung, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Wasserverbrauch bei der Produktion.
Neben klima- und umweltschonenderen Produktionsverfahren spielt die Nachhaltigkeit und Recyclingfähigkeit von Textilien eine immer größere Rolle. Deshalb befassen sich Forschungsprojekte vielfach zum Beispiel mit den Möglichkeiten, die nachwachsende Rohstoffe als Grundlage für Textilfasern bieten. Innovationen in der Textilindustrie beschränken sich jedoch keineswegs auf eine bessere Integration von Textilprodukten in die Kreislaufwirtschaft.

Intelligente Textilien
Viele namhafte Hersteller haben sich bereits daran versucht, intelligente Textilien und Mode sinnvoll miteinander zu verbinden. Die Anwendungsmöglichkeiten sind grundsätzlich vorhanden. Schon 2017 versuchte Levi’s in einer Kollaboration mit Google, Textilien durch Elektronik aufzuwerten. Aus smartem Jeans-Stoff gefertigt, sollte die Jacke die Steuerung des Smartphones ermöglichen.
Smarte Textilfasern noch kein Thema für die Modebranche
Im Profisport ist die Kombination aus Kleidung und Sensorik für die Leistungserfassung längst eine etablierte Methode. Moderne Messtechnik, in Trikots oder Trainingsshirts integriert, erlaubt das Tracking von Geschwindigkeit, Beschleunigung oder Herzfrequenz in Echtzeit.
Dass sich diese und ähnliche smarte Funktionen in der Bekleidungsbranche bislang nicht flächendeckend durchsetzen konnten, hat unterschiedliche Gründe. Zum Beispiel die Konkurrenz in Form von anderen Fitness-Trackern. Armbänder oder Smartwatches erfüllen ähnliche Funktionen und haben darüber hinaus einen Mehrwert für den Alltag. Experten sehen deshalb derzeit noch keine wesentlichen Vorteile von intelligenten Textilien gegenüber Smart Devices. Die Produktionskosten sind – zusammen mit der Frage nach der Recyclingfähigkeit – ein weiterer Faktor, der einen Durchbruch auf dem Massenmarkt vorerst verhindert.
Intelligente Textilien für Medizin und Automobilindustrie
Abseits der Modebranche gibt es einen wachsenden, aber gleichzeitig sehr spezialisierten Markt für intelligente Textilien. Vor allem im medizinischen Bereich sind funktionale Fasern und Stoffe verbreitet. Sie werden beispielsweise für Reizstrombehandlungen in der Schmerztherapie verwendet. Die Automobilindustrie sieht neben den üblichen Anwendungen in beheizten Sitzen auch Potenziale für Touch-Anwendungen oder Beleuchtungen, die in textile Oberflächen im Fahrzeuginnenraum integriert sind.

Naturfasern für biobasierte Kreislaufwirtschaft
Baumwolle zählt zu den beliebtesten Naturfasern überhaupt, allerdings ist ihr Anbau vielfach sehr ressourcenintensiv. Das gilt insbesondere für den Wasserverbrauch: Um einen Kilogramm Baumwolle zu erhalten, müssen durchschnittlich bis zu 20.000 Liter Wasser eingesetzt werden. Aus diesem Grund verwenden viele Hersteller zunehmen Naturfasern aus schnell nachwachsenden Rohstoffen.
Umweltfreundliche Herstellung und einzigartige Eigenschaften
Holzfasern als Grundlage für die Textilherstellung bieten eine Reihe von Vorteilen: Sie werden aus nachhaltiger Forstwirtschaft gewonnen und belasten Umwelt und Klima damit weniger als konventionelle Baumwollfasern. Um die Zellulose für die Herstellung der Fasern aus dem Holz zu lösen, werden organische Lösehilfstoffe verwendet. Diese können fast vollständig zurückgewonnen und wieder in den Produktionskreislauf zurückgeführt werden. Abgesehen von der umweltverträglicheren Herstellung, verfügen die Zellulosefaser über viele positive Eigenschaften. Sie vereinen Merkmale von Seide (glatte Oberfläche), Schafwolle (hohes Wärmevermögen), Leinen (Temperaturausgleich) und Baumwolle (Feuchtigkeitstransport) miteinander.
Weitere Forschungen für eine biobasierte textile Kreislaufwirtschaft
Die Möglichkeiten, mit Hilfe von Holzfasern nachhaltige Textilien herzustellen, sind noch längst nicht ausgeschöpft, wie die Ergebnisse des Technikum Laubholz (TLH) zeigen. Seit 2020 sucht die unabhängige, außeruniversitäre Forschungseinrichtung, die auf eine Initiative des Landes Baden-Württemberg gegründet wurde, nach innovativen Anwendungen für eine laubholzbasierte Rohstoffverwendung.
Die Forschungen umfassen unter anderem innovative Holz- und Naturfasern für die Textilwirtschaft. Mit dem neu entwickelten WDBSD®-Fasermaterial wurde eine Faser geschaffen, die aus regionalem Buchenholz in einem geschlossenen Produktionskreislauf ohne Wasserverlust und mit geringem Energieeinsatz produziert wird. Aber nicht nur Holzfasern finden vermehrt ihren Weg in die Textilherstellung. Algen, Hanfreste und ähnliche Rohstoffe ermöglichen nachhaltig produzierte Textilien, die vollständig recycelbar sind – und damit die Klimaziele der Textilindustrie fördern.