Dass ein Sonderschulabschluss immer ins berufliche Aus führt, ist nicht gesagt. Es kommt darauf an, welche Initiative der Schüler entwickelt und aus welchen Gründen er auf der Sonderschule war. Der Mangel ans schulischer Bildung bedeutet nicht zwingend, dass Sonderschüler ungebildet oder berufsunfähig sind.
Trotz eines negativen Images fördern Sonderschulen oft die Begabungen und Interessen ihrer Schüler. Daher finden viele von ihnen einen Einstieg in Berufe, bei denen es auf andere Qualitäten ankommt. Auch Sonderschüler sind intelligent. Sie können durchaus mit Haupt- oder Realschülern mithalten. Oftmals ist es so, dass ihre Begabungen erst spät zutage getreten sind und daher nicht ausreichend gefördert wurden. Da es dadurch bei den Betroffenen zu Lerndefiziten gekommen ist, sollten Sonderschüler mit Schulabschlusszeugnis sich vorzugsweise auf Lehrstellen bewerben, in denen ihre Lerndefizite keine große Rolle spielen.
Sonderschulabschluß: Ein Makel, der auch Vorteile für Lehrstellen beinhaltet
Seit jeher werden Sonderschüler als Schüler betrachtet, die minderbegabt sind. Diese Sichtweise ist falsch. Zahlreiche ehemalige Sonderschüler stehen heute im Berufsleben, ohne dass ihre Defizite sie an einer Ausbildung oder einer Berufstätigkeit gehindert haben. Wichtig ist jedoch, dass die Betroffenen ihre Begabungen und Interessen nutzen, um einen passenden und geeigneten Beruf zu erlernen.
Was Sonderschüler mit einem Abschlusszeugnis von anderen Jugendlichen unterscheidet, ist der Schulabschluss. Durch diesen sind sie in der Lage, ihre eigene Lebensgestaltung in die Hand zu nehmen. Mit genügend Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten und mit Ideen, die einen Lehrherren überzeugen, können sie sehr geschätzte Mitarbeiter werden. Wichtig ist aber, vorab das persönliche Gespräch zu suchen und im Bewerbungsgespräch zu seinen Lerndefiziten zu stehen.
Ein vorgeschaltetes Praktikum ist vorteilhaft
Der persönliche Eindruck ist bei der Arbeitssuche immer der wichtigste Punkt. Daher bietet es sich an, seine Bewerbung um einen Ausbildungsplatz durch ein Praktikum einzuleiten. Dadurch erkennen die Schüler, welche Kenntnisse und Fähigkeiten in einem Beruf benötigt werden.
Für Sonderschüler empfiehlt es sich sogar, mehrere Praktika in verwandten Berufen zu absolvieren. Wer bereits in einen Beruf hineingeschnuppert hat, versteht die Anforderungen und den Tätigkeitsbereich, in dem er sich beweisen muss. Vorteilhaft ist es, die späteren Ausbilder bereits im Praktikum von seinem Interesse und seiner Motivation überzeugen zu können. Damit können Sonderschüler in Zeiten der Bocklosigkeit und verwöhnter Jugendlicher, die nur eine fürstlich bezahlte und „zumutbare“ Arbeit annehmen würden, Punkte machen. Die anschließende Bewerbung um einen Ausbildungsplatz im einem der Praktikums-Unternehmen sollte persönlich abgegeben werden.
Der Wille zum Lernen muss vorhanden sein
Die persönliche Ausstrahlung, das erkennbare Interesse am Berufsfeld und die Motivation, es trotz Sonderschulabschluss zu schaffen, führen oft genug zum Erfolg. Noch wichtiger ist der Wille, etwas dazuzulernen und berufliche Kenntnisse zu erwerben. Es hilft, wenn der Sonderschüler seine schulischen Defizite erkennt und eigenständig versucht, sie auszugleichen. Denn spätestens an der Berufsschule werden Kenntniszuwächse benötigt. Eine Beratung beim Arbeitsamt informiert über Weiterbildungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Kompetenzen sowie über Fördermöglichkeiten. Der Lebenslauf wird aufgewertet, wenn der Schüler VHS-Kurse nachweist.
Denkbar wären ein Computerkurs für Anfänger oder Deutschkurse zur Verbesserung der Rechtschreib-Kompetenz. Solche Initiativen verbessern die Chancen am Arbeitsmarkt. Angesichts zahlreicher nicht besetzter Lehrstellen sind sie nämlich derzeit sehr gut. Wer an Lese-Rechtschreibschwäche leidet, kann sich an Arbeitsgruppen wenden, die sich um Analphabeten kümmern. In solchen Gruppen müssen Sonderschüler sich nicht als minderbegabt fühlen, weil alle dieselben Defizite haben. Oder noch größere. Das verbindet. Die Betroffenen unterstützen sich daher.
Einen geeignete Lehrstelle zu finden, ist elementar
Ein Sonderschulabschluss muss kein Hindernis sein, um sich eine gute Ausbildungsstätte zu sichern. Letzten Ende kommt es immer auf die Gesamtumstände und das persönliche Engagement an. Sonderschüler können handwerklich sehr begabt sein oder so einfühlsam, dass sie in der Altenpflege ihren Platz finden. Gerade in Handwerksberufen kann man später sehr gutes Geld verdienen, wenn man sich entsprechend in die Ausbildung reinhängt. Ein unterstützender Ausbilder ist hilfreich – aber Sonderbehandlungen sollten Sonderschüler nicht erwarten.
Viele Handwerksbetriebe oder Gartenbaubetriebe sind an Sonderschülern interessiert, weil diese bereits an der Schule entsprechende Förderung erhalten, wenn sie sich als begabt gezeigt haben. Die Pflegebranche oder die Arbeit als Erzieher*in sind ebenfalls Bereiche, in denen Sonderschüler leichter ihren Platz finden. In den genannten Bereichen bieten sich Ausbildungsplätze und spätere Karrieremöglichkeiten. Die Arbeitsagenturen unterstützen Sonderschüler, um ihre Chancen am Arbeitsmarkt zu verbessern. Wer an seinen Lerndefiziten arbeiten möchte, profitiert von Fördermöglichkeiten. Es stehen in verschiedenen Berufsfeldern Weiterbildungen zur Verfügung, die auch Praktika beinhalten.
Welche Lehrstellen eignen sich ganz besonders mit Sonderschulabschluß?
Folgende Berufe haben eine hohe Eignung für Sonderschüler, die sich auf Lehrstellen in Ausbildungsbetrieben bewerben möchten:
- Staplerfahrer oder Maschinenführer
- Küchenhilfe oder Beikoch
- Erzieher*in oder Pflegehelfer*in
- Altenpflegehelfer*in oder Altenpflegerin
- Servicekraft für Schutz und Sicherheit
- Arbeiter im Tief- und Hochbau
- landwirtschaftliche(r) Helfer*in
- Tischler*in oder Schreiner*in
- Lagerarbeiter*in
- Pförtner*in
- Klempner*in
- Elektriker*in
- Maler*in und Stuckateur*in
- Zimmermädchen oder Room Boy.
Sind andere Interessen dominanter, sollten Sonderschulabgänger*innen auf jeden Fall versuchen, ihren Traumberuf anzustreben. Wichtig ist, dass man in diesen Berufsfeldern frühzeitig Kontakte knüpft, praktische Erfahrungen sammelt und sich persönlich engagiert. So benötigen beispielsweise große Theater und Kinos, Umzugsunternehmen oder Security-Firmen Menschen, die anpacken können.
Einige Worte zu Problemen, die auftauchen können
Es muss an dieser Stelle festgestellt werden, dass es mit der Ausbildungsstelle oft nicht auf Anhieb klappt. Manchmal dauert die Lehrstellen-Suche lange. Schulabgänger mit Sonderschulabschluss sollten diese Zeit nutzen, um ihre Kenntnisse auf dem angestrebten Gebiet zu verbessern. Engagement zahlt sich aus.
Manche Ausbilder sind zwar nett. Sie benachteiligen Sonderschüler jedoch oder nutzen sie aus. Auch unter den Kollegen oder Auszubildenden geht es nicht immer kollegial zu. Jder will eine Festanstellung erkämpfen. Mancher verhält sich gegenüber weniger gebildeten Personen schäbig. Wer sich nicht entmutigen lässt, weiß sich zu helfen. Ausbildungsjahre sind keine Herrenjahre, besagt ein Sprichwort. Das gilt für alle und jeden, der eine Ausbildung absolviert. Wer sich am fähigsten Kollegen an seinem Ausbildungsplatz orientiert und diesem über die Schulter schaut, der lernt etwas. Fleiß und Zuverlässigkeit zählen auch heute in Ausbildungsbetrieben.